Ärger im Sharinguniverse: Der Kleiderkreisel ist jetzt kostenpflichtig

Kleider zu verkaufen- bald nur noch gegen Gebühr?
Kleiderkreisel ist ein Onlineportal, auf dem User ihre gebrauchten Kleider tauschen, verschenken oder verkaufen können. Bislang kostenlos, nun wollen die Betreiber eine Gebühr einführen.

Es war einmal: eine Plattform, die sich der Nachhaltigkeit verschrieben hatte. Der Kleiderkreisel erlaubte seinen Usern, gebührenfrei Kleidung zu tauschen oder zu verkaufen. Ab morgen gilt nun ein Bezahlsystem. Die User laufen Sturm dagegen.

Vilnius/ München. Es hätte so schön sein können. Alles was zu viel ist im Schrank, aber noch brauchbar, einfach eintauschen oder günstig verkaufen. Mehr Platz im Schrank im Tausch gegen ein gutes Gewissen, weil nicht noch mehr in Bangladesch von Kinderhand produzierte Billigklamotten in Umlauf gebracht werden. Und das ganze einfach online, mit dem klangvollen Namen „Kleiderkreisel“. Vollmundig wirbt das Unternehmen schon auf der Startseite für die gute Sache: „Mach mit und kämpfe stilvoll gegen Verschwendung“.

Das Prinzip ist einfach: wer mit kreiseln möchte, erstellt zunächst kostenlos ein Profil. Dann kann er ein Foto vom ehemaligen Lieblingspulli, – Rock oder Hose in seinen persönlichen Katalog hochladen. Nun hat der User die Wahl, das gute Stück zu verschenken, es zum Tausch anzubieten oder aber es zu verkaufen. Das alles war bislang gebührenfrei.

Neuerdings verlangt Kleiderkreisel aber Gebühren fürs Verkaufen der gebrauchten Kleidung. Ab morgen lassen sich die Betreiber die gute Sache versilbern. 10 Prozent des Verkaufspreises und eine Gebühr von 0.50 Cent pro Transaktion soll das Verkaufen über den Kleiderkreisel künftig kosten. Der Käufer überweist den vereinbarten Preis zunächst an Kleiderkreisel. Hat er seine Ware erhalten, schickt Kleiderkreisel das Geld weiter an den Verkäufer. Die Gebühr wird dabei vom erzielten Verkaufspreis automatisch abgezogen. Das Porto trägt der Käufer, er hat die Wahl zwischen versichertem und unversichertem Versand. Die Betreiber begründen die Gebühren mit Missbrauchsfällen, die beim Verkaufen häufiger aufgetreten seien. So heißt es im Statement, das Anfang November im Forum der Seite gepostet wurde:

Verkaufen war nie schöner! Wir verabschieden uns von:
– Käufern, die massenhaft abspringen
– der Angst, dass Pakete verloren gehen
– der Weitergabe von Bankdaten an Fremde
– langen Diskussionen über Bezahl- und Versandmethode
– mehrfachen Anfragen zu einem einzigen Artikel

Für den Käufer haben wir auch ein paar Vorteile parat:
– Sicherheit: wer keinen Artikel erhält, bekommt sein Geld zurück
– Überblick: der Status der Transaktion kann jederzeit eingesehen werden
– weniger Diskussion und mehr Kontrolle: ein Artikel der gefällt, kann direkt gekauft werden
– Unterstützung: Geld zurück, wenn ein Artikel nicht der Beschreibung entspricht

Für drei Monate ist das neue Bezahlsystem noch optional. Wie es dann weitergeht, ist offenbar unklar:

Sollte sich nach dieser Zeitspanne herausstellen, dass sich Kleiderkreisel so nicht finanzieren kann, behalten wir uns vor, das System anzupassen.

Es sei eben nur die letzte Option, die Gebühr für Verkäufer verpflichtend zu machen. Dieses Statement klingt beschwichtigend. Denn immerhin gab es in den letzten Wochen heftige Proteste, nachdem die Betreiber das Bezahlsystem im Herbst bekannt gemacht hatten.

Kritik am neuen Bezahlsystem
Viele User sind erbost, drohen wie hier damit, ihr Profil zu löschen.
Screenshot: kleiderkreisel.de (bearbeitet)

Überhaupt, das mit der Freiwilligkeit ist so eine Sache: Die Teilnahme am Bezahlsystem ist in der dreimonatigen Übergangsphase voreingestellt, kann aber über die Profil- Einstellungen noch ausgeschaltet werden. Dies gilt allerdings nur für Artikel, die vor dem 3.12.2014 eingestellt oder bearbeitet werden. Gebührenfrei lassen sich die Transaktionen ansonsten nur noch über die Nachrichtenfunktion der Seite, also mehr oder weniger inoffiziell, abwickeln. Drückt aber ein Käufer den Kaufbutton, der künftig neben jedem Artikel erscheint, muss der Verkäufer an genau diesen Käufer verkaufen- und die Gebühr zahlen. Diesen Nachteil beschreibt auch der Blog Ohmarylane, der sich intensiv mit den Vorgängen bei kleiderkreisel.de befasst hat:

der Verkäufer hat keinerlei Entscheidungsrecht, an wen er seine Artikel verkauft: sobald der Verkaufsbutton geklickt wurde, ist das Teil verkauft – egal, ob ein anderer Käufer es bereits per Nachricht angefragt hat, egal ob der neue Käufer überwiegend negative Bewertungen hat. Verkauft ist verkauft.
-> der Charme des direkten Kontaktes zwischen Käufer und Verkäufer ist dahin. Hello anonymer Secondhand-Onlineshop

Auch die Reaktionen im Forum von Kleiderkreisel fallen bislang wenig begeistert aus. Bemängelt wird oft auch, wie Kleiderkreisel.de auf die Kritik reagiert.

Klare im seiteneigenen Forum
Derbe Kritik am Bezahlsystem von Kleiderkreisel. Screenshot: Kleiderkreisel.de (bearbeitet)

2009 ging Kleiderkreisel.de online. Die Idee geht zurück auf eine Gruppe litauischer Programmierer, die deutsche Seite wird allerdings von der in London ansässigen Friendly Fashion Limited betrieben. Nach eigenen Angaben hat allein die deutsche Seite 1,5 Millionen Mitglieder. (Quelle: Gründerszene) Machen die erzürnten User ihre Drohungen war, könnten es bald erheblich weniger sein. Viele kündigten an, zur – nach wie vor kostenlosen – Seite Kleiderkorb zu wechseln, die nach dem gleichen Prinzip funktioniert.

Wer die Gegner des Bezahlsystems unterstützen will, kann eine Online- Petition unterschreiben. Sie will den Charakter des Kleiderkreisels als nicht kommerzielles Angebot erhalten.

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